Wort zum Sonntag, Sonntag den 06. April 2025
Solidarität
Wenn ich mit dem Inhalt eines Wortes Probleme habe, dann nehme ich gerne den Etymologie-Duden zur Hand und schaue mir an, wo das Wort herkommt und welche Geschichte es hinter sich hat.
Das Eigenschaftswort solidarisch ist seit dem 19. Jahrhundert in Deutschland bekannt. Das Wort kommt aus der französischen Sprache, die es selber aus dem lateinischen solidum gebildet hat.
Das lateinische Wort solidum hat mehrere Bedeutungen. Zunächst ist damit etwas Festes gemeint – etwas Solides. Im übertragenen Sinn meint solidum auch Sicherheit. In der Sprache der Juristen wird solidum verwandt für die Gesamtsumme, für das Ganze.
Solidarität heißt also vom Wort her: für das Ganze verantwortlich sein.
In der Bibel sucht man das Wort Solidarität vergeblich. Das heißt aber nicht, dass sie dazu nichts zu sagen hat. Bereits im Schöpfungsbericht kann man es zwischen den Zeilen lesen:
„Seid fruchtbar und vermehrt euch! Füllt die ganze Erde und nehmt sie in Besitz! Ich setze euch über die Fische im Meer, die Vögel in der Luft und alle Tiere, die auf der Erde leben, und vertraue sie eurer Fürsorge an.“
Der Mensch ist im Schöpfungsplan Gottes von Anfang an zur Solidarität aufgerufen; er ist verantwortlich für das Ganze.
Der Soziologe Heinz Bude hat ein Buch geschrieben mit dem einfachen Titel »Solidarität«. Er möchte gerne ein Verständnis von Solidarität begründen, das kein Einbahnstraßen-Modell ist und auch kein herablassendes Mitleid in einzelnen Notsituationen.
Ganz wichtig für den Begriff der Solidarität ist die Idee des Teilens, der Gemeinsamkeit. Die Idee ist, was schulden wir einander, und nicht nur, was schulden wir anderen oder die anderen uns.
In der kirchlichen Soziallehre reicht Solidarität weit über eine einzelne Gruppe hinaus. „Die Solidarität ist zweifellos eine christliche Tugend… Im Licht des Glaubens strebt die Solidarität danach, über sich selbst hinauszuwachsen… Dann ist der Nächste nicht mehr nur ein menschliches Wesen mit seinen Rechten und seiner grundlegenden Gleichheit mit allen, sondern wird das lebendige Abbild Gottes… Die Solidarität muss deshalb zur Verwirklichung dieses göttlichen Planes sowohl auf individueller wie auch auf nationaler und internationaler Ebene beitragen. Die ‚entarteten Mechanismen‘ und die ‚Strukturen der Sünde‘… können nur durch die Übung jener menschlichen und christlichen Solidarität überwunden werden, zu der die Kirche einlädt und die sie unermüdlich fordert.“ (Sollicitudo rei socialis, 40)
P. Ernst-Willi Paulus C.Ss.R.
Kloster Steterburg